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Die USA, PRISM und die Maschinen

Original Parrot AR. Drohne
von THQ Deutschland (https://www.flickr.com/photos/thq-de/5526313872/) [CC-BY-NC-ND-2.0], via flickr

Zu diesem Artikel schonmal eine Warnung vorweg: Er wird wohl in sehr hohem Maß von Subjektivität geprägt sein und sehr paranoid wirken. Er wird klingen wie eine Verschwörungstheorie und ich hoffe verdammt, dass er das ist und auch bleibt. Wer eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema PRISM und Überwachung erwartet, wird enttäuscht werden – vielleicht kommt die noch, aber nicht hier. Dieser Artikel soll vielmehr ein mögliches Bild dessen zeichnen, was meiner Vermutung nach hypothetisch mit den Überwachungsmöglichkeiten und den sonstigen technologischen Fähigkeiten des „mächtigsten Imperiums der Welt“ in einer nicht allzu fernen Zukunft denkbar sein könnte. Ich hoffe, dass ich naiv bin, keine Ahnung habe und mich irre, aber ich muss diese Befürchtungen jetzt mal loswerden. Fangen wir an:

Zuerst sollte ich die Grundlagen erläutern, auf die sich meine – hoffentlich weit hergeholte – Hypothese stützt. Zum einen sind dies die technologischen Fähigkeiten, über die sowohl die USA, als auch wahrscheinlich die meisten Staaten zumindest der „Ersten Welt“ meines Wissens heute bereits verfügen; zum anderen das – sehr Besorgnis erregende – Bild der außenpolitischen Haltung der USA, das sich mir in der letzten Zeit aufdrängt.

  • In punkto technologische Fähigkeiten, denke ich hier einerseits an die seit kurzer Zeit durch den Whistleblower Edward Snowden bekannt gewordenen Spionagetätigkeiten u.a. der USA durch das Programm PRISM, als auch an die Möglichkeit des breitgefächerten Einsatzes autonomer Waffensysteme, wie z.B. unbemannte Drohnen. (Der Roman „Kill Decision“ von Daniel Suarez, hat mich hier u.a. stark beeinflusst – und beunruhigt.)

Das Ausmaß, das die Überwachungensprogramme der NSA angenommen haben, wäre vor den kürzlichen Enthüllungen, als paranoide Wahnvorstellung und Verschwörungstheorie abgetan worden – heute wissen wir, es ist Realität. Es werden automatisiert Profile und Risikoabschätzungen über wahrscheinlich fast jeden Menschen auf der Welt erstellt, deren Aus- und Bewertung durch Menschen bereits aufgrund ihrer schieren Anzahl völlig unmöglich ist. Sieht man sich dazu noch an, welche Firmen (z.B. Google) den Geheimdiensten Informationen liefern (müssen) und was diese derzeit an Innovationen planen, kann einem nur Angst und Bange werden – man denke hier nur an die Entwicklung der Google Glass, einer Datenbrille mit Kamera, die es – sollte sie ein weltweiter Erfolg werden – in Zukunft erlauben könnte, fast das gesamte Leben jedes Menschen als Echtzeit-Stream auf Google-eigene Server und damit auch an Geheimdienste, die darauf zugreifen können, zu übertragen – und das sogar wenn man selbst keine hat, denn was macht es für einen Unterschied, ob man sie selbst auf der Nase trägt oder alle 2 Sekunden jemand anders damit an einem vorbeiläuft? Die ersten Modelle würden hier vielleicht noch an technischen Einschränkungen (wie z.B. Akku-Laufzeiten) kranken, aber wer glaubt im Ernst, dass ein Unternehmen wie Google sich eine solche Chance zur Datengewinnung langfristig entgehen lässt?

Der Einsatz unbemannter Drohnen, mit denen – zumindest theoretisch – jeder Mensch auf diesem Planeten jederzeit, an jedem Ort getötet werden kann, ist auch längst keine Zukunftsmusik mehr. Und machen wir uns nichts vor: Diese Drohnen werden kleiner, billiger und in viel viel größerer Stückzahl verfügbar sein, ehe wir uns versehen – und sie werden über kurz oder lang autonom handeln, denn sie können es schon und ferngesteuerte Drohnen sind störungsanfällig und nur in begrenzter Stückzahl einsetzbar (es muss sie ja jemand steuern). Die Aufspürung von Menschen (z.B. über ihr Mobiltelefon) und die computergestützte automatische Identifikation von Menschen (Stichwort: Gesichtserkennung) sind ebenfalls bereits technisch machbar.

  • Was die Außenpolitik der USA betrifft, so sehe ich sie seit geraumer Zeit geprägt von einem übertriebenen und paranoiden Bedürfnis nach scheinbarer Sicherheit, gepaart mit einer erschreckend beiläufigen Menschenverachtung und der schlichten Bewertung nach vorübergehendem „Nutzen“ oder „Risikopotential“ für die „Interessen der USA“ (wie immer die gerade aus sehen) gegenüber all denen, die keine Bürger der USA – oder vielleicht noch schlimmer: keine Angehörigen der dort herrschenden Klasse – sind. Prinzipien wie unveräußerliche Menschenrechte (für alle Menschen auf der Welt!), Rechtsstaatlichkeit, und die Souveränität anderer Staaten und deren Bevölkerungen spielen hier offenbar keine Rolle mehr – man gibt höchstens noch Lippenbekenntnisse dazu ab, wenn ansonsten das „Risiko“ des eigenen Handelns höher als der „Nutzen“ zu werden droht (z.B. wenn doch breite Bevölkerungsschichten das eigene Handeln in seiner ungeschminkten Brutalität erleben und es wahrscheinlich verurteilen würden).

Diese erschreckende Denk- und Vorgehensweise hat sich in der jüngeren – und auch etwas weiter zurückliegenden – Vergangenheit wiederholte Male gezeigt. Hier seien nur einige Beispiele genannt:

Die gezielte Tötung Osama bin Ladens auf pakistanischem Staatsgebiet, mit der sowohl auf die Souveränität eines angeblich „verbündeten“ Staates, als auch auf jeden Anspruch an die eigene Rechtsstaatlichkeit – man kann es nicht anders sagen – gespuckt wurde (nicht falsch verstehen, ich hege nicht die geringsten Symphatien für Osama bin Laden oder das was er getan hat, aber die Art und Weise wie hier „Gerechtigkeit“ geübt wurde, spottet jeder Beschreibung), einfach weil man wohl das „Risiko“ akzeptabel fand.

Die – wenn auch nur implizite – Einschüchterung aller Staaten der Welt, die es wagen könnten, einem politischen Flüchtling Asyl zu gewähren, dem die USA mit der Todesstrafe drohen und das wegen eines „Verbrechens“ (Spionage), von dem man die berechtigte Auffassung vertreten darf, dass sie sich selbst dessen schuldig gemacht haben.

Die Einspannung mehrerer europäischer Staaten, um die Maschine des bolivianischen Präsidenten Evo Morales zur Landung zu zwingen, weil man Edward Snowden an Bord vermutet, ungeachtet irgendeiner rechtlichen Grundlage oder Legitimation, das Oberhaupt eines souveränen Staates nach eigenem Gutdünken festhalten zu können (das Risiko diplomatischer Verwicklungen war wohl einmal mehr nicht hoch genug, um ein Umdenken zu bewirken).

Das Bild, das sich mir nun bei der geistigen Verbindung dieser zur Verfügung stehenden Technologien – sowohl untereinander, als auch mit der Denkweise der USA – aufdrängt, ist ein äußerst beängstigendes:

Wie lange wird es noch dauern, bis die US-amerikanische Führung (oder vielleicht auch die eines ähnlich ausgestatteten und paranoiden Staates) in einem finalen paranoiden Schub und in der Angst, den angeblichen „Krieg gegen den Terror“ oder gegen den unerwünschten Machtgewinn anderer Staaten sonst zu verlieren, ihre Überwachungs- und Militärprogramme miteinander verbinden und Maschinen und Computer-Programme hier vollkommen autonom, nach festgelegten Parametern und erstellten Profilen, zur willkürlichen Tötung von Menschen autorisiert, die den Interessen der USA nicht entsprechen? (Wie lautete nochmal das schöne Zitat aus „I, Robot“? – „Sie wurden als Risiko eingestuft, Eliminierung autorisiert!“ Nur, dass diese Maschinen uns nicht mal mehr vorwarnen…)

Zugegeben, es klingt – wie ich ja bereits sagte und ich hoffe das ist es auch – nach Verschwörungstheorie und Paranoia. Und ja: Der derzeitigen US-amerikanischen Regierung ist eine solche drastische Grenzüberschreitung vielleicht (noch?) nicht zuzutrauen. Und ja: Wahrscheinlich wären selbst dann die diplomatischen Verwicklungen doch noch zu riskant, um Kritiker und „Systemgegner“ im Herzen Europas oder der sonstigen ersten Welt auf offener Straße zu ermorden (kann eine Maschine einen Mord begehen?).

Aber andererseits: Wehret den Anfängen! Regierungen, besonders in (offiziell) demokratischen Staaten wechseln und keine Regierung fegt das Haus aus bevor sie geht (soll heißen: löscht ihre gesammelten Daten). Wer weiß, welche Hemmschwelle die nächste US-Regierung in dieser Angelegenheit besitzt? Auch die Waffensysteme des US-Militärs werden sich nicht per Handschlag mit dem Amtsnachfolger in Luft auflösen. Und sollte eine solche Grenzüberschreitung toleriert werden, nur weil es „uns“ ja vielleicht noch nicht betrifft, sondern vorerst nur Menschen in diesen Ländern, deren Namen wir nicht aussprechen können und deren Bewohner für uns alle gleich aussehen? Wir könnten die nächsten sein.

Deswegen bin ich der Meinung, wir brauchen jetzt starke, internationale Abkommen für Datenschutz und gegen Überwachung autonome Waffensysteme, wir müssen jetzt klarmachen, wo die Grenze verläuft und das Menschenrechte unteilbar sind und für jeden Staat und in jedem Staat gelten – auch für das „mächstigste Imperium der Welt“. Es muss sich etwas ändern, bevor es zu spät ist!

So, und wer diesen angstgetriebenen Artikel bis hierher durchgehalten hat, der darf ihn jetzt gründlich zerpflücken. 😉 Ich hoffe, dass ich mich irre und ich hoffe das diese Verschwörungstheorie genau das bleibt – bitte beweist mir, dass ich einfach irgendwo einen katastrophalen Denkfehler habe und dass wir doch noch alle lange ruhig schlafen können.

 
6 Kommentare

Verfasst von - 21. Juli 2013 in (Un)Demokratisches, Überwachung, Politisches

 

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Demonstration gegen Internetüberwachung – Anti-PRISM

In den letzten Wochen war zuerst das amerikanische Spionageprogramm PRISM ans Licht der Öffentlichkeit gekommen und anschließend wurde infolge der ausgewerteten Informationen das britische Gegenstück Tempora bekannt. Das vom US-Militärgeheimdienst NSA initiierte PRISM überwacht weltweit die gesamte elektronische Kommunikation, die über die Server amerikanischer Internetunternehmen läuft. Der britische Nachrichtendienst GCHQ greift mit Tempora an der Glasfaserverbindung zwischen Europa und den USA, die über Nordengland verlegt ist, sämtliche Kommunikationsdaten ab.

»Die zunehmende heimliche Überwachung privater, wissenschaftlicher und geschäftlicher Kommunikationen durch Geheimdienste ist ein unerträglicher Zustand. Es ist Zeit, gegen diese massive Bespitzelung unserer Gesellschaft zu protestieren.«, erklärt Bastian Alex, zweiter Vorsitzender des Kreisverbandes Hameln-Pyrmont der Piratenpartei. “Es freut uns besonders, dass innerhalb so kurzer Zeit ein partei- und organisationenübergreifendes Bündnis zustande gekommen ist. Das zeigt ganz klar, dass dies ein Thema ist, das alle gesellschaftlichen Gruppen angeht.«

Aus dem Kreis Hameln-Pyrmont beteiligen sich an dem Aufruf zur Demonstration: die Piratenpartei, die JuSos sowie Bündnis 90/ Die Grünen.

Um dem Protest gegen die immer stärker werdende Internet-Überwachung Ausdruck zu verleihen, wird das Anti-PRISM-Bündnis am Samstag, den 29. Juni 2013, eine Demonstration gegen Überwachungsprogramme veranstalten. Die Demonstration beginnt um 13 Uhr in Hannover am Kröpcke. TeilnehmerInnen des parteiunabhängigen Bündnisses sind bisher Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen, die Piratenpartei Niedersachsen, DIE LINKE. Niedersachsen, die FREIEN WÄHLER Niedersachsen, die Grüne Jugend Niedersachsen, die JuPis (Junge Piraten) Niedersachsen, die Jungen Liberalen Niedersachsen, Mehr Demokratie e.V., Digitalcourage e.V. und Digitale Gesellschaft e.V. Unterstützt wird die Demonstration auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Zudem werden sich Aktivisten von Anonymous und Blockupy an der Protestkundgebung beteiligen.

von Constantin Grosch (http://www.piraten-hameln.de/2013/06/demonstration-gegen-internetuberwachung-anti-prism/) [CC-BY-NC-SA-3.0], via Piratenpartei Hameln-Pyrmont

Und für die, die leider nicht dabei sein können – ist ja doch ziemlich kurzfristig 😉 – hier noch ein paar Links zu Petitionen zum Thema:

Weil jede Stimme zählt!

 

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